Doppelter Abschied
Der Mai 2021 brachte für die Ev. Kirchengemeinde Altenkirchen zwei Abschiede mit sich: den von Pfr'in Andrea Ehrhardt, die uns nach vier Jahren in Richtung des Kirchenkreises Wied verlässt und den von Pfr. Werner Zeidler, der nach 34 Jahren in unserer Gemeinde in den Ruhestand geht.
Statt einer Laudatio
Nun geht er also. Alles hat ein Ende, der Ruhestand wartet, und das ist auch gut so. Aber es wird eine Lücke bleiben.
Seit 34 Jahren ist Albert Werner Zeidler Pfarrer in Altenkirchen. Die große Bühne oder der pastorale Auftritt waren nicht seine Sache. Dass er indes engagiert und gewissenhaft für die Sache des Glaubens einstand, aufgeschlossen für die Menschen und deren Anliegen, das haben die Mitglieder unserer Kirchengemeinde (und nicht nur sie!) bald gemerkt, und das hat sie für ihn gewonnen. Allzu fromme Sprüche mochte er nicht – und war doch ein Meister des gesprochenen Wortes, wenn er das „Wort“ sonntags auslegte, konkret, verständlich und praktisch, theologisch fundiert und mit Tiefgang, zuweilen auch politisch, aber beileibe nicht abgehoben oder elitär. Das hat vielen geholfen.
Die Einrichtungen der Kirchengemeinde hat er gut und verlässlich begleitet: z.B. als kompetenter und engagierter Ansprechpartner der Evangelischen Bücherei, der ihre Belange intensiv unterstützt hat, mit offenem Ohr; und für das Jugendzentrum war er seit den 80er Jahren zuständig, bis heute: „Er kam regelmäßig und sprach mit den Besuchern über 'Gott und die Welt', unterstützte das Team in theologisch-pädagogischen Fragen und spielte auch mit großer Leidenschaft Tischfußball mit den älteren Jugendlichen, was ihm schon bald den Beinamen 'Kicker-Papst' einbrachte“, so erinnert sich ein „Zeitzeuge“. Aber „als sich die wöchentlichen Besuche irgendwann dann häuften, er war fast täglich anwesend, wurde langsam klar, dass sein Interesse an der damaligen Mitarbeiterin Marion M. mehr als nur dienstlicher Natur war. Es kam, wie es kommen musste: Heirat, Kinder – und das Team im JZ musste sich nach einem Ersatz für Marion Zeidler umsehen.“
Eingefordert hat er stets die öffentliche Verantwortung der Christen und der Kirche, eine Verpflichtung, der er sich selbst nicht entzog und die er ernst nahm: das Engagement für die Mahnwachen oder die Begegnung mit ehemaligen jüdischen Bürgern Altenkirchens gehörten ebenso dazu wie die Veranstaltungen im Bereich der Erwachsenenbildung.
Gesprächspartner, Prediger, Verwalter, Seelsorger, Ratgeber, Vorgesetzter, Kritiker, Kollege, Repräsentant... – die Aufzählung kann gar nicht vollständig sein, aber Pfr. Zeidler hat jede dieser Rollen in der Zeit seines Pfarramtes übernommen, verantwortet und ausgefüllt. Mit den Jahren habe er ihn „immer mehr schätzen gelernt, und seine Art der Dienstführung bzw. sein Überblick und seine Leitung haben mich manches Mal beeindruckt“, äußert ein langjähriger Weggenosse anerkennend.
Und nun also geht Pfr. Zeidler zum ersten Mai in den Ruhestand. Jeder Mensch sei ersetzbar, so heißt es manchmal. Mag sein. Aber es wird doch eine Lücke bleiben. Er wird (nicht nur mir) fehlen!
Ernst W. Thomas (Presbyterium)
Liebe Gemeindeglieder!
Mit der Pensionierung eines Pfarrers muss vieles neu geordnet werden, für den Pensionär wie für die Gemeinde. In unserer Region mit den anstehenden drastischen Pfarrstellenreduzierungen wird vieles neu und verändert werden.
Für mich heißt es nun von meiner Kirchengemeinde Altenkirchen Abschied zu nehmen. Der Ruhestandsantritt ist eine Entpflichtung, also die Rückgabe von Verantwortung, die nun in andere Hände übergehen muss. Für eine rechte Gemeinde darf es nicht viel ausmachen, wenn der Pfarrer geht. Die Gemeinde wird nämlich von allen Gemeindegliedern getragen und das Presbyterium muss für ihre Zukunft fortlaufend weise Entscheidungen treffen.
In den zurückliegenden 34 Jahren habe ich viele Begegnungen und Erlebnisse mit den Menschen vor Ort gehabt. Und was ich geben durfte, an Trost und Ermutigung, Fröhlichkeit und Mitgefühl, all das kam in hohem Maß auch wieder zu mir zurück. Sei es über Taufen, Trauungen, Beerdigungen, Gottesdienste, unsere Kantorei, unseren Posaunenchor, das Jugendzentrum, die Bibelstunden, Konfirmandenunterricht, die Veranstaltungen der Erwachsenenbildung, Hausbesuche, persönliche Gespräche und vieles mehr. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken! All dies hat mir geholfen, auch die erlebten Kränkungen und Misserfolge zu überstehen, die im Laufe der Zeit nicht ausgeblieben sind.
Ich hoffe und wünsche mir, dass der Gemeinde Seelsorge, Bildung und Diakonie (dazu gehören für mich ganz besonders unsere drei Einrichtungen: die Kita Arche, das Kinder- und Jugendzentrum KOMPA und die öffentliche Bücherei) wichtig bleiben. Ferner möchte ich allen Verantwortlichen die Fortführung der Mahnwache zur Reichspogromnacht sowie unserer Partnerschaften mit der Kirchengemeinde Gransee/Brandenburg und dem Kirchenkreis Muku/Kongo ans Herz legen. Unsere fernen Geschwister verfügen über eine große Erfahrung und Kenntnis darüber, wie sich Kirche in schwierigen Zeiten entwickelt und lebendig bleibt. Ich habe im Laufe der Jahre viel von ihnen lernen dürfen und mich bemüht, es in meine Arbeit einfließen zu lassen.
Eine Verabschiedung aus meinem Amt in traditioneller Form wird auch aufgrund der aktuellen Gegebenheiten nicht stattfinden. Stattdessen würde ich mich über „analoge“ Postkarten aus der Gemeinde freuen, die mir Grüße und wertvolle Rückmeldung auf meinen Dienst in Wort und Bild geben. So kann ich auch trotz Abschied etwas aus der Gemeinde in den Ruhestand mitnehmen.
Ich freue mich darauf und bin gespannt!
Gott befohlen,
Ihr/Euer (ehemaliger) Pfarrer
A. Werner Zeidler